Zum Inhalt springen

UNRWA Experten sehen »kritische Bereiche« bei Palästinenserhilfswerk der Uno

Israel vermutet Hamas-Terroristen in den Reihen der UNRWA – zuletzt gab es in Jerusalem Proteste gegen das Palästinenserhilfswerk. Nun hat eine unabhängige Analystengruppe die Vorwürfe untersucht.
Beschädigte Zentrale der UNRWA in Gaza-Stadt

Beschädigte Zentrale der UNRWA in Gaza-Stadt

Foto: AFP

Ein unabhängiger Ausschuss zur Prüfung der Neutralität des Uno-Palästinenserhilfswerks UNRWA hat einem Zwischenbericht zufolge »kritische Bereiche« aufgedeckt.

»Eine bedeutende Anzahl von Mechanismen und Verfahren«, welche die Einhaltung des humanitären Grundsatzes der Neutralität gewährleisten, seien in der Organisation bereits vorhanden, erklärte eine Sprecherin von Uno-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch. Der Ausschuss habe jedoch auch »kritische Bereiche identifiziert, die noch angegangen werden müssen«, fügte sie hinzu, ohne weitere Details zu nennen.

Zwölf Mitarbeiter der UNRWA (United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) stehen im Verdacht, in den beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober verstrickt gewesen zu sein.

Nach den schweren Vorwürfen im Januar  trennte sich die Organisation von den betroffenen Mitarbeitern und gründete einen unabhängigen Ausschuss, der die Neutralität der Organisation bewerten soll. Der Ausschuss wird von der ehemaligen französischen Außenministerin Catherine Colonna geleitet und arbeitet mit drei Menschenrechtsorganisationen aus Schweden, Norwegen und Dänemark zusammen.

Für die Untersuchung reiste Colonna unter anderem nach Jerusalem, um Gespräche mit Vertretern des Außenministeriums und des Militärs zu führen, und ins Westjordanland, wo sie Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde traf. Außerdem führte sie Gespräche mit UNRWA-Mitarbeitern.

Der Zwischenbericht, der nicht öffentlich gemacht werden soll, wurde Guterres von den Experten in dieser Woche vorgelegt. Der Abschlussbericht wird für den 20. April erwartet und soll gegebenenfalls »Empfehlungen zur Verbesserung und Stärkung« der bestehenden Mechanismen enthalten, hieß es.

Staaten wie Deutschland, Großbritannien, Japan, Kanada, Neuseeland und die USA hatten als Reaktion auf die Vorwürfe gegen das UNRWA verkündet, ihre Zahlungen an das Hilfswerk vorerst zu stoppen.

Angesichts der verheerenden humanitären Lage und der drohenden Hungersnot im Gazastreifen nach mehr als fünf Monaten Krieg haben Kanada, Australien und Schweden die Zahlungen wieder aufgenommen.

Geld aus Saudi-Arabien, Proteste in Jerusalem

Auch aus Saudi-Arabien fließt Geld an das Hilfswerk – konkret 40 Millionen Dollar (knapp 37 Millionen Euro). Das Geld solle dazu genutzt werden, die humanitäre Arbeit der UNRWA im Gazastreifen zu unterstützen und »Lebensmittel für mehr als 250.000 Menschen und Zelte für 20.000 Familien« bereitzustellen, teilte das König-Salman-Hilfszentrum am Mittwoch mit.

In Jerusalem hatten ebenfalls am Mittwoch mehrere Dutzend Menschen gegen die UNRWA protestiert. Bei der Demonstration vor dem Jerusalemer Büro der Uno-Organisation forderten die Israelis die »Auflösung« der Organisation und riefen in Sprechchören: »UNRWA ist Hamas! Hamas ist UNRWA!«

Israel wirft der UNRWA vor, im Gazastreifen »mehr als 450 Terroristen« zu beschäftigen, also Mitglieder der radikalislamischen Hamas und anderer militanter Palästinensergruppen. Zwölf UNRWA-Mitarbeiter werden sogar beschuldigt, direkt an dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober beteiligt gewesen zu sein.

Die Organisation, gegründet 1949 nach dem ersten arabisch-israelischen Krieg durch die Generalversammlung, ist weltweit einzigartig: Sie ist zuständig für Bildung und Gesundheitsversorgung von insgesamt 5,9 Millionen palästinensischen Flüchtlingen und deren Nachkommen in den palästinensischen Gebieten sowie Jordanien, Syrien und dem Libanon. In Abwesenheit eines palästinensischen Staats ist die UNRWA Garant für ein Mindestmaß an Stabilität in einer Dauerkrisenregion. Und die mit Abstand wichtigste Hilfsorganisation im Gazakrieg.

jok/AFP