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  3. David Bowies Fotograf Mick Rock über seinen Bildband „The Rise of David Bowie“

ICONIST Bowie-Fotograf

„Die Kids von heute sind nicht so wild wie wir“

Als David Bowie 1972 in die Rolle des exzentrischen Ziggy Stardust schlüpfte, war der Fotograf Mick Rock dabei. Ein Gespräch über Drogen auf Löschpapier, Hartnäckigkeit und sein neues Buch.

Man nennt ihn „den Mann, der die 70er-Jahre fotografierte“: Mick Rock hat Musiker wie Blondie, Iggy Pop, Lou Reed, die Ramones und Queen abgelichtet. Der Auftrag, David Bowie bei seiner „Ziggy Stardust“-Tour zu begleiten, war der Beginn seiner Karriere. Mit „The Rise of David Bowie“ erscheint dieser Tage ein Band mit bislang unveröffentlichten Fotos aus dieser Zeit.

ICON: Sie sagen, durch LSD hätten Sie sehen gelernt. Wie das?

Mick Rock: Als ich noch in Cambridge Literatur studierte, ich muss 18 oder 19 gewesen sein, nahm mich ein Freund mit zu diesem Typen, einem Künstler. Er tropfte etwas aus einer Pipette auf Löschpapier, und wir legten es uns auf die Zunge. Es wirkte sehr stark, zuweilen konnte ich mich nicht mehr bewegen. Ich nahm die Kamera eines Freundes in die Hand und begann zu fotografieren. Irgendetwas daran gefiel mir sofort, ich hatte das Gefühl, dass ein Gesicht einem alles über das Universum erzählen kann.

Leider war kein Film in der Kamera. Beim nächsten Mal dann legte ich einen ein und machte ein paar Bilder meiner sehr hübschen blonden Freundin. Wenig später suchte eine lokale Band jemanden, der sie fotografieren konnte. Sie zahlten fünf Pfund, was zu der Zeit sehr viel war. Es machte mir Spaß, und so ging es immer weiter. Irgendwann traf ich David Bowie.

ICON: Wie lernten Sie einander kennen?

Rock: Jemand hatte mir seine Platte „Hunky Dory“ gegeben. Ich schrieb und fotografierte zu der Zeit für Musikmagazine. Es muss im März 1972 gewesen sein, David war damals noch nicht bekannt. Ich fand, er sah interessant aus.

ICON: Nur interessant?

Rock: Nun, ich war von Anfang an fasziniert von ihm, vermutlich hat er mich auf irgendeine Weise hypnotisiert. Klar, ich liebte seine Musik. Aber gute Musik hatten auch schon Jimi Hendrix oder Bob Dylan gemacht. Entscheidend war, wie er aussah: sehr exotisch und feminin, ohne dass es Drag war. Für uns damals waren die Beatles und die Stones die Vergangenheit, David Bowie war die Zukunft. Er lebte in der Zukunft.

ICON: Wie reagierte das Publikum auf ihn?

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Rock: Auf den frühen Fotos kann man das ganz gut sehen. Auf den ersten kleinen Gigs starrten ihn die Leute mit weit aufgerissenen Augen an. Niemand hatte so was bis dahin gesehen. Erst später dann, als die Bowiemania einsetzte, fingen sie an, auf die Bühne zu springen und ihn anfassen zu wollen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass diese ganze Kultur noch recht jung war. Elvis’ erster Auftritt war keine 15 Jahre her. Es war alles sehr aufregend.

ICON: Wie würden Sie ihn charakterisieren?

Rock: Er ist eine sweet soul, ein sehr freundlicher, fürsorglicher Mensch. Gleichzeitig wusste und weiß er immer, was er will und wollte. Das ist genau genommen etwas, das ich von ihm – und vom Yoga – gelernt habe: Hartnäckigkeit. Seine Ambitionen haben mich sehr beeindruckt, aber er war auch immer sehr verspielt. Heute genießt er es einfach, zurückgezogen zu leben. Ich bin froh, dass wir alle – David, Lou Reed, Iggy Pop und ich – Freunde geblieben sind.

ICON: Sie sind also immer noch in Kontakt?

Rock: Natürlich. Er hatte die volle Kontrolle darüber, welche Bilder es ins Buch geschafft haben. Ich habe zwar die Rechte daran, aber ich hätte es nicht ohne seine Zustimmung gemacht. Und er hat jedes einzelne der Bücher signiert. Wir sehen uns nicht oft, aber erst am Wochenende hat er mir eine Mail geschrieben.

ICON: Hat er Ihnen jemals gesagt, wie er fotografiert werden wollte?

Rock: Nein, niemals. Er war ganz mit seiner Sache beschäftigt. Dazu kommt, dass diese Bilder zum großen Teil nicht dazu gedacht waren, veröffentlicht zu werden.

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ICON: Haben Sie ein Lieblingsbild?

Rock: Ich liebe das vor dem Spiegel. Es hat etwas Magisches und erinnert mich an „Alice im Wunderland“: „David hinter den Spiegeln.“

ICON: Waren die 70er-Jahre verglichen mit heute die aufregendere Zeit?

Rock: Das würde ich nicht sagen. Obwohl ich nicht glaube, dass die Kids heute genauso wild sein können wie wir damals. Heute müssen sich alle ständig selbst promoten, mehr als je zuvor zählt das Äußere. In gewisser Weise hat David das erfunden. Er hat früher als jeder andere erkannt, dass er mehr Aufmerksamkeit auf seine Musik ziehen konnte, indem er den visuellen Teil seiner Performance überbetonte. Und es funktionierte.

„The Rise of David Bowie. 1972 - 1973“ ist im Taschen-Verlag erschienen.
„The Rise of David Bowie. 1972 - 1973“ ist im Taschen-Verlag erschienen.
Quelle: TASCHEN

„The Rise of David Bowie. 1972–1973“ von Mick Rock, Barny Hoskyns und Michael Bracewell ist im Taschen-Verlag erschienen und eine auf 1772 Exemplare limitierte Collector‘s Edition. Das Hardcover in einer Schlagkassette mit 310 Seiten, signiert von David Bowie und Mick Rock, kostet 500 Euro.

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