Jeden Tag kommen sie mit Zügen aus Südeuropa an: Flüchtlinge aus Syrien. Sie sind dem Krieg entkommen, den Fassbomben des Assad-Regimes und dem Terror des Islamischen Staates. Doch in Deutschland werden sie nicht nur von Hilfsorganisationen und ehrenamtlich engagierten Bürgern erwartet. Sondern auch von Salafisten, die in ihnen potenzielle Rekruten für ihren fanatischen Glauben sehen.
Der in Bergheim (Nordrhein-Westfalen) lebende salafistische Prediger Pierre Vogel hat bereits eine Liste von Ratschlägen veröffentlicht, wie sich Salafisten am besten den Flüchtlingen nähern sollen. Vogel rät seinen Anhängern, Teams zu bilden und alle Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Umgebung ausfindig zu machen und zu besuchen.
Nach unseren Erkenntnissen haben Salafisten in Einzelfällen versucht, unter dem Vorwand vermeintlicher Hilfsangebote Kontakt zu Flüchtlingen aufzunehmen
Auch, wie man die Herzen der meist mittellosen Flüchtlinge erreicht, glaubt Vogel zu wissen: „Bringt Geschenke mit!“ Dem Personal der Unterkunft sollen die Salafisten ihre Hilfe anbieten; und wenn diese abgelehnt wird, solle man in nahe gelegenen Moscheen das Gespräch mit den Flüchtlingen suchen.
Flüchtlinge aus arabischen Ländern als Zielgruppe
Nicht nur Vogels Truppe ist unterwegs. Auch Koran-Verteiler wurden schon in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften gesehen. In Hamburg haben sie in der Nähe eines Erstaufnahmelagers Kontakt zu Flüchtlingen gesucht.
Auch in Nordrhein-Westfalen sind die Salafisten bereits aktiv geworden. Ein Massenphänomen ist die salafistische Propaganda in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften aber noch nicht. Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes sagte der „Welt“: „Nach unseren Erkenntnissen haben Salafisten in Einzelfällen versucht, unter dem Vorwand vermeintlicher Hilfsangebote Kontakt zu Flüchtlingen aufzunehmen.“
Ihr Ziel sei es, die Integration zu erschweren und die Flüchtlinge religiös zu radikalisieren. Der Verfassungsschutz werde nun die Mitarbeiter von Flüchtlingsunterkünften verstärkt über Salafismus informieren und für das Problem sensibilisieren. „Die Mitarbeiter sollen das Verhalten, die Codes und die Kleidung von Salafisten erkennen und Vorfälle melden.“
Einen regionalen Schwerpunkt der salafistischen Werbeaktionen hat der Verfassungsschutz bislang nicht ausgemacht. Bestätigt wurde jedoch durch den Dienst, dass Salafisten im Umfeld des Keuning-Hauses in Dortmund aktiv wurden. Dort wird ein Großteil der in NRW ankommenden Flüchtlinge erstversorgt, bevor sie auf die Städte des Bundeslandes verteilt werden.
Neu ist das Vorgehen der Salafisten nicht. Seit Anfang dieses Jahres haben sie immer wieder versucht, Flüchtlinge anzuwerben. Durch die zunehmende Zahl muslimischer Flüchtlinge aus dem arabischen Raum sind diese als Zielgruppe jedoch deutlich attraktiver für die Fanatiker geworden.