ZEIT ONLINE:Russland hat sich durch sein Vorgehen in der Ukraine-Krise weitgehend isoliert. Nun hat die russische Armee Soldaten und Waffen nach Syrien verlegt. Versucht Präsident Putin so, sich einen Weg zurück auf die politische Weltbühne zu bahnen?

Joshua Landis: Putin hat eine klare Botschaft für die Weltgemeinschaft: Er wird nicht zulassen, dass der Westen das Regime von Baschar al-Assad weiter schwächt. Präsident Assad hat im vergangenen Jahr harte Rückschläge hinnehmen müssen. Die Provinzhauptstädte Idlib und Palmyra hat er verloren, heute sind nur noch 25 Prozent des syrischen Staatsgebiets unter seiner Kontrolle. Deshalb gerät nun auch Russland unter Druck. Putin will vermeiden, dass seine Position in Syrien bröckelt, wenn sein Verbündeter Assad fällt. 

Russland nutzt die außenpolitische Kopflosigkeit des Westens aus. Einerseits wollen Europa und die USA die Terrormiliz IS zerstören, andererseits wollen sie Assad loswerden. Mit den Truppenverlegungen in Syrien macht Putin klar: Beides geht nicht. Noch heute sind 65 Prozent der syrischen Bevölkerung auf Assad angewiesen – er sorgt für Wasser, Elektrizität und sogar für ein Mindestmaß an Sicherheit. Wer die Flüchtlingsbewegung nach Europa stoppen will, kann Assad nicht zerstören.

ZEIT ONLINE: Welche Optionen hat der Westen?

Landis: Die russische Regierung setzt auf Assad. Er ist der Einzige, der dem IS eine Armee entgegenstellt, die auch nach internationalem Recht anerkannt ist. Wer den IS bekämpfen will, muss Assad stützen. Hinter diesem Argument der Russen steckt eine gewisse Logik.

Für den Westen ist Assad jedoch nur ein Diktator, der Menschenrechte ignoriert und die Demokratie untergräbt. Weil Europa und die USA an diesen Prinzipien festhalten, haben sie sich entschieden, Syrien den Rücken zuzukehren. Doch entziehen sie damit der letzten zentralen Gewalt in Syrien die Unterstützung. Derzeit gibt es dort drei Autoritäten: den IS, die Rebellen-Gruppe Dschaisch al-Fatah und Assad selbst. Der Westen will im Namen von Demokratie und Menschenrechten alle drei zerstören. Doch was bleibt dann noch?

ZEIT ONLINE: Das hört sich an, als unterstützten Sie das russische Vorgehen in Syrien.

Landis: Ich halte die Politik der Russen nicht für richtig. Doch machen sie sich durch ihr Vorgehen ziemlich unangreifbar: Die Vereinigten Staaten können die Russen nicht dafür attackieren, dass sie den IS bekämpfen, indem sie Assad unterstützen. Stellen wir uns vor, dass Russland dem Regime dabei hilft, Palmyra vom IS zu befreien. Werden die USA Russland daran hindern, sodass der IS die Gebiete behalten kann? Sicher nicht. Putin lockt die USA in eine Zwickmühle.