Containerhersteller verzehnfachen ihre Preise

Ein neues Containerdorf in Berlin soll Flüchtlingen Unterkunft bieten, die besonders schutzbedürftig sind. Die Aufmachung und das Interieur gelten als Vorbild für weitere Projekte.
Der Verkauf von Wohncontainern für Flüchtlinge ist lukrativ, die Preise explodieren. Die Nachfrage der Kommunen und Städte ist weit größer als das Angebot. Doch es gibt einen Ausweg.
Immer mehr Flüchtlinge beantragen Asyl in Deutschland. Allein im September kamen 200.000 Menschen an. Das sind mehr als im gesamten Jahr 2014. Die Unterbringung der Asylbewerber wird zunehmend zum Problem für Deutschland.
Wohnraum ist knapp, und auch Container als Unterkünfte für Flüchtlinge werden immer teurer. Denn die Preise von Wohncontainern sind nach Recherchen des Radiosenders NDR Info in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Der Sender befragte rund 20 Kommunen und mehrere Bundesländern. Besonders betroffen von den Preisanstiegen sei Norddeutschland.
Die Kommunen bezeichnen die Preispolitik mancher Containerhersteller und Händler als „frech“, „unanständig“ und „verantwortungslos“. Ende Mai lag der Preis pro Quadratmeter Container in Regensburg zwischen 1700 und 1800 Euro. Im August musste die Stadt schon ein Drittel mehr zahlen. Jetzt kostet der Quadratmeter Wohnfläche 2400 Euro. Für den Quadratmeterpreis gibt es mancherorts ein Steinhaus mit Grundstück inklusive.
Niederkassel bei Bonn und Immenstadt am Bodensee berichten von sogar noch höheren Preisanstiegen. Dort sind Container innerhalb kürzester Zeit um die Hälfte teurer geworden. Beim Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund klagen manche Gemeinden, dass bei ihnen der Preis sogar auf das Fünf- bis Zehnfache explodiert sei. „Hier erleben wir die Funktionsweise der Marktwirtschaft. Geringes Angebot trifft auf große Nachfrage“, sagt Uwe Lübking vom Deutschen Städte und Gemeindebund (DStGB).
Schwarze Schafe und freche Angebote
Es gebe schwarze Schafe mit „frechen“ Angeboten weit über normalen Marktpreisen, sagt eine Sprecherin der Hansestadt Lübeck. Auch Hannover registrierte stark erhöhte Preise bei einzelnen Firmen, es gebe aber noch „faire Angebote“. Der fränkische Hersteller KB Container räumt in einem konkreten Fall eine Erhöhung um ein Drittel innerhalb eines Jahres ein und begründete dies mit gestiegenen Kosten und einer erhöhten Nachfrage. Städte wie Hamburg und das nahe gelegene Norderstedt haben sich über Rahmenverträge mit Herstellern stabile Preise gesichert.
Dank Flüchtlingen können Lehrstellen besetzt werden

Wirtschaft und Politik sind sich einig: Flüchtlinge sind, wenn man es richtig macht, eine Chance für Deutschland. In Ulm geht eine Bäckerei voran - dort lernen drei Flüchtlinge das Backen.
„Die Gemeinden brauchen sich aber nicht über den Tisch ziehen zu lassen“, sagt Lübkings Kollege Norbert Portz vom Städte- und Gemeindebund. Laut der Preisverordnung 30/53 müsse der öffentliche Sektor Aufschläge auf den marktüblichen Preis nicht akzeptieren. Auch wenn die Nachfrage groß sei, seien Erhöhungen um 500 bis 1000 Prozent nicht zulässig. Die Gemeinden könnten dagegen klagen und den Aufschlag nachträglich zurückfordern. „Ich hoffe, dass die Kommunen und Städte von ihrem Recht Gebrauch machen“, sagt Portz.
Trotz der hohen Preise sind Container für Lübking dennoch eine gute Lösung des Wohnungsproblems. Sie sind im Gegensatz zu Zelten winterfest und anders als in Turnhallen will dort niemand Sport treiben. Ein weiterer Vorteil ist, dass Container schnell aufgebaut werden können.
Große Sehnsucht nach Privatheit
„Wohncontainer eignen sich hervorragend, um rasch Wohnraum für Flüchtlinge zu stellen, weil sie deutlich schneller errichtet werden können als konventionelle Unterkünfte“, sagt Günter Jösch, Geschäftsführer des Bundesverbands Bausysteme, in dem elf Hersteller und Vermieter der flexibel nutzbaren Immobilien zusammengeschlossen sind.
„Eine schnelle Integration kann man nicht erwarten“

Die Bundesagentur für Arbeit betrachtet den Flüchtlingsstrom eher nüchtern. Ganz anders die Wirtschaft, dort unterstützen viele Firmen eine schnelle Integration. Einige hoffen auf ein neues Wirtschaftswunder.
Doch nicht alle halten viel von den Containern. Für Portz sind sie nur als vorübergehende Notlösungen geeignet. Längerfristig sollen die Flüchtlinge in leer stehenden Häusern untergebracht werden, dies sei auch günstiger. Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin hält die Unterbringung von Flüchtlingen in Containern aus mehreren Gründen für problematisch.
„Die Containersiedlungen genügen zwar formalen Standards und sind winterfest. Sie bieten aber in der Küche und im Sanitärbereich keinerlei Privatsphäre“, kritisiert er. Außerdem lägen die Siedlungen meist an den Randgebieten der Ortschaften, die Flüchtlinge seien deshalb isoliert.
Markt für Container ist völlig überlastet
Es gibt noch ein weiteres Problem für die Gemeinden. „Die größte Baustelle ist, dass es gar keine Container mehr auf dem Markt gibt“, sagt Lübking. Die Lieferung dauert oft sechs bis acht Monate. Deshalb weichen Städte und Gemeinden inzwischen auf teurere, aber nachhaltigere Alternativen aus.
Hannover und Pinneberg etwa planen Unterkünfte in Holzbauweise. Diese Wohnungen können länger genutzt werden als Container und könnten nach dem Flüchtlingsandrang dabei helfen, den allgemeinen Engpass bei günstigen Wohnungen zu mildern.
Die Containerproduzenten können mit der Nachfrage einfach nicht mithalten. „Die Unternehmen fahren bereits Doppel-, Dreifach- und Wochenendschichten“, sagt Verbandschef Jösch. „Mehr geht nicht.“ Eine Entspannung des Marktes ist nicht in Sicht. „Die Produktionsstraßen unserer Mitgliedsunternehmen sind bereits bis zum Sommer nächsten Jahres ausgelastet.“