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Immer mehr Juden tragen Baseballkappe statt Kippa

Fälle von Gewalt gegen Männer, die eine Kippa tragen, verunsichern viele Juden in Deutschland Fälle von Gewalt gegen Männer, die eine Kippa tragen, verunsichern viele Juden in Deutschland
Fälle von Gewalt gegen Männer, die eine Kippa tragen, verunsichern viele Juden in Deutschland
Quelle: dpa
In jüdischen Gemeinden wächst das Gefühl der Bedrohung angesichts der Zuwanderung von Muslimen. Viele von ihnen seien mit Propaganda wie zur NS-Zeit aufgewachsen, so Zentralratsvertreter Salomon Korn.

Das immerhin ist ein gutes Zeichen: Salomon Korn, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, sagt, dass sich sein Lebensgefühl bislang nicht verändert habe. Er sagt, dass er sich weiterhin sicher fühle, in Deutschland, das er sein Zuhause, aber nicht seine Heimat nennt, in Frankfurt, wo er seit 1999 die Jüdische Gemeinde leitet.

Korn ist Architekt, hat das Gemeindezentrum in der Mainmetropole geplant und gebaut. Als es eingeweiht wurde, im September 1986, da sprach er den Satz: „Wer ein Haus baut, will bleiben, und wer bleiben will, erhofft sich Sicherheit.“

Doch wie steht es darum heute? Drohen auch bei uns Anschläge wie das Attentat auf einen koscheren Supermarkt in Paris im Januar 2015? Bringt die Flüchtlingswelle einen Anstieg des Antisemitismus? Sind Juden in Deutschland noch sicher?

Korn macht sich Sorgen um die Zukunft

Korn diskutiert darüber am Dienstagabend im Casino der Frankfurter Stadtwerke mit Thomas de Maizière (CDU). Früher am Tag hatte der Bundesinnenminister bereits die neue Gedenkstätte an der Europäischen Zentralbank, die an die Deportation der Frankfurter Juden im Dritten Reich erinnert, besucht.

Juden fürchten Hass und Intoleranz durch Flüchtlinge

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat ein Limit für den Zuzug von Flüchtlingen gefordert. Denn viele würden aus Kulturen stammen, in denen Hass auf Juden und Intoleranz fester Bestandteil seien.

Quelle: Die Welt

Korn macht sich Sorgen um die Zukunft, das verhehlt er nicht. „Wir können die bisher hier lebenden Muslime nicht mit denen vergleichen, die jetzt zu uns kommen“, sagt er. „Sie kommen aus einer völlig anderen Kultur, sie bringen keinen aufgeklärten Islam mit, viele von ihnen sind darauf aus, die Welt zu islamisieren.“

Die muslimischen Einwanderer, die ab den 60er-Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen sind, hätten sich Europa von Anfang an nahe gefühlt.

Die heutigen Flüchtlinge aber seien anders geprägt. Sie sind in Ländern aufgewachsen, in denen der Antisemitismus Teil der Staatsdoktrin sei.

Propaganda im Nahen Osten wie in der NS-Zeit

„Die Propaganda im Nahen Osten ist mindestens so drastisch wie in der NS-Zeit, die Kinder in den arabischen Ländern werden indoktriniert wie die Kinder im Dritten Reich“, sagt Korn. „Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass wir diese Menschen tatsächlich in die Gesellschaft integrieren können, das wird uns erst mit ihren Kindern oder Enkelkindern gelingen“, lautet seine pessimistische Prognose.

Salomon Korn fürchtet auch zunehmende Angriffe von Rechtsextremen
Salomon Korn fürchtet auch zunehmende Angriffe von Rechtsextremen
Quelle: pa/AP Photo

Thomas de Maizière widerspricht ihm nicht. Auch er sieht die Integration als Herkulesaufgabe, aber eben auch als alternativlos. „Es wird ja nicht besser, wenn wir dem testosterongesteuerten Nordafrikaner entgegentreten mit dem Satz: Wir haben Angst. Stattdessen müssen wir uns vor ihn stellen und sagen: So geht das nicht, Junge“, sagt der Innenminister.

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De Maizière gibt sich kämpferisch: Nur wenn wir stark sind gegenüber den Flüchtlingen, wenn wir für unsere Werte einstehen, kann Integration gelingen. Er berichtet auch, dass die Anzahl der antisemitischen Übergriffe 2015 gegenüber dem Vorjahr immerhin leicht gesunken sei. Das jedoch hat auch damit zu tun, dass die Angriffe 2014, als es im Zuge des Gaza-Konflikts eine Vielzahl an gewalttätigen, antiisraelischen Demonstrationen von Palästinensern in deutschen Städten gab, besonders zahlreich waren.

Die Mitte droht nach rechts abzudriften

Es gibt ein neues Gefühl der Bedrohung in den Gemeinden, berichtet Korn. Der Fall von der Ostseeinsel Fehmarn etwa, wo ein syrischer und ein afghanischer Flüchtling einen Mann angegriffen haben sollen, weil er eine Kippa trug, verunsichert viele. Schutzmaßnahmen bestimmen das jüdische Leben jedoch schon viel länger.

Viele Männer tragen heute eine Baseballkappe statt Kippa. Es gibt kaum eine jüdische Schule, einen Kindergarten oder ein Gemeindehaus, das nicht von der Polizei oder einem privaten Sicherheitsdienst geschützt wird. „Unsere Kinder haben sich daran längst gewöhnt, das ist zum Alltag geworden“, sagt Korn.

Mehr als den Antisemitismus der Flüchtlinge fürchtet er jedoch noch immer Angriffe von Rechtsextremen. „Jetzt in der Flüchtlingskrise werden die Rechten immer dreister“, sagt Korn. Er sorgt sich auch, dass die Feindschaft gegenüber Juden in der Mitte der Gesellschaft wieder wachsen wird. „Die Mitte droht in Richtung rechts abzudriften“, sagt er. „Das bleibt das größte Problem.“

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