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Ausland Präsidentschaft in Frankreich

Sarkozys Comeback könnte vor allem Le Pen nützen

Nicolas Sarkozy will wieder Präsident werden

Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy tritt bei der Wahl im kommenden Jahr erneut an. Zuvor muss er sich noch den parteiinternen Wahlen stellen.

Quelle: Die Welt

Autoplay
Frankreichs Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy will bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr erneut antreten.
  • Doch ein neues Duell zwischen Sarkozy und Hollande könnte der Chefin des rechtspopulistischen Front National helfen.
  • Zwischen Hollande und Sarkozy sähe Le Pen als einzige irgendwie nach Erneuerung aus.

Bücher sind nicht sein Ding, daraus hat Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy eigentlich nie einen Hehl gemacht. Wenn aber Großes verhandelt wird, dann scheut auch „Sarko“ das Schwarz-auf-Weiße nicht: Am Mittwoch wird er den Franzosen schriftlich mitteilen, dass er wieder ihr Präsident werden will.

„Tout pour la France“, Alles für Frankreich, heißt der Titel seines neuen Buches, das dann in den französischen Buchläden ausgeliefert wird und dessen Erscheinen lange geheim gehalten wurde. Am Montag wurde dann als Sensation verkauft, was eigentlich für niemanden eine Überraschung sein kann: „Ich habe beschlossen, Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2017 zu sein“, heißt es in dem Vorwort von „Tout pour la France“.

Sarkozy Kandidat? Aus der Ferne mag das wie eine gute Nachricht klingen. Sein Name hat einen Klang, nicht zuletzt in Deutschland, er war immerhin der andere im mächtigen europäischen Tandem namens „Merkozy“, ein kleiner Mann, der sich einprägte. Aus der Nähe fühlt sich seine Wiederkehr allerdings ganz anders an: Die Franzosen erleben ein trauriges Remake, das den Titel tragen könnte: Alles für Frankreich – nur das nicht!

Einstiger Weltstar im dörflichen Bierzelt

Wann immer der Ex-Präsident in den letzten Monaten öffentlich auftrat, wirkte er wie ein Alleinunterhalter, der seine besten Tage hinter sich hat. Es schien, als wären beim „Duracellhasen“, wie sie ihn 2007 noch nannten, die Batterien schwach geworden. Wie ein abgehalfterter Schlagerstar tourte er durch Supermärkte in der Provinz, wo er vor wenigen treuen Anhängern aus seinem vorherigen Buch las („La France pour la vie“, Auflage: 100.000 Exemplare), ein einstiger Weltstar – angekommen im dörflichen Bierzelt.

„Frauen an der Spitze wirken wie Weichzeichner“

Zum Spitzenpersonal der rechtspopulistischen Parteien gehören viele Frauen. Sie lassen radikale Positionen harmloser erscheinen, ergab eine Umfrage der französischen Politikwissenschaftlerin Nonna Mayer.

Quelle: Die Welt

Dennoch näherten sich Sarkozys Werte, vor wenigen Monaten in allen Meinungsumfragen noch katastrophal, seit einigen Wochen stetig den Resultaten seines Hauptgegners und Parteikollegen Alain Juppé an. Und niemand kann im Augenblick mehr voraussagen, wie die Vorwahlen bei den Anhängern der konservativen Partei Les Républicains (LR) und jene bei den Sozialisten ausgehen werden.

Sollte es aber nochmals – wie 2012 – zum Duell zwischen Sarkozy und François Hollande kommen, würde sich das für die Franzosen anfühlen wie ein geradezu traumatisierendes Déjà-vu. Und es steht zu befürchten, dass eine solche Konstellation einer lachenden Dritten den Weg ebnet: Marine Le Pen, der Chefin des rechtspopulistischen Front National (FN). Zwischen Hollande und Sarkozy sähe sie tatsächlich als einzige irgendwie nach Erneuerung aus. Und sie könnte dann halbwegs glaubhaft ihr Kampfgetöse gegen das politische Establishment entfachen und die Wähler mit ihrem tiefsitzenden Argwohn gegen die Pariser Politikeliten abholen.

Telenovela à la française

Nicolas Sarkozy hat es einst selbst so gemacht. Mit dem Versprechen aufzuräumen, gewann er seine Wähler und zog mit starken Sprüchen in den Élysée-Palast ein: „Ich will die Republik erneuern. Ich will eine mustergültige Republik“, sagte der Kandidat im Januar 2007. Sprach’s, und stach als neu gewählter Präsident sogleich auf der Yacht eines befreundeten Milliardärs in See.

Aber nicht nur sein Hang zum ausgestellten Reichtum, seine Ich-hab’s-geschafft-Mentalität, die Kennedy-mäßige Inszenierung seiner Ehe mit Cécilia bis hin zur tränenreichen Trennung, seine Blitzhochzeit mit dem singenden Ex-Model Carla Bruni, diese ganze kurzweilige Telenovela à la française, die seine fünfjährige Amtszeit auch darstellte, wird ihm von vielen nachgetragen. Es war vor allem sein politisches Versagen, das ihm 2012 den Sieg kostete. Seine Versprechen klangen im Nachhinein wie purer Hohn.

Sarkozy entließ Präfekten, denen es nicht gelang, missliebige Demonstranten vom Präsidenten auf Besuch fernzuhalten. Er sorgte für die Entlassung von Chefredakteuren, als etwa ein Klatschmagazin schrieb, seine damalige Frau Cécilia sei nicht einmal zur Wahl gegangen, um ihrem Mann die Stimme zu geben. Sarkozys Freundschaften reichten überall hin und er pflegte sie ganz in der Tradition des allmächtigen Monarchen im Gewand des Präsidenten.

Fünf große Herausforderungen benennt Sarkozy

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„Das Wort Moral macht mir keine Angst“, hatte er zuvor eigentlich gesagt, und mit kühnen, schönen Reden versprochen, wieder Anstand und Verlässlichkeit in die Politik zu bringen. Dann war er bald selbst in ein halbes Dutzend Staatsaffären verstrickt und ins Visier etlicher juristischer Untersuchungen geraten.

„Frankreich verlangt, alles zu geben“, schreibt Sarkozy nun wieder hochtrabend wie eh und je. Er sei dazu bereit. Die nächsten fünf Jahre seien entscheidend, voller Gefahren, aber auch voller Hoffnung. Fünf große Herausforderungen benennt er. Darunter, dass Frankreich wieder eine Wirtschaftsmacht werden und dass das Land seine nationale Identität verteidigen müsse: „unser wichtigster Kampf ist, unseren Lebensstil zu verteidigen“, schreibt er. In Zeiten des Terrors, wachsender Ausländerfeindlichkeit und identitärer Verunsicherung werden diese Worte sicher nicht auf taube Ohren stoßen.

Der Duracellhase trommelt also wieder. Im konservativen Lager erhöht sich damit die Zahl der Vorwahlkandidaten auf dreizehn. Nicht alle werden die nötigen Unterstützerunterschriften zusammen bekommen, um tatsächlich am 20. und 27. November das interne Rennen bei den Républicains bestreiten zu dürfen. Sarkozy wird ganz sicher dazugehören. Als Präsident hat er einst das Land in Freund und Feind gespalten. Nun stellt er als Kandidat zunächst einmal seine eigene Partei auf die Zerreißprobe.

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