Nach der Kritik des AfD-Politikers und baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon an Stolpersteinen zum Gedenken an NS-Opfer hat das Internationale Auschwitz Komitee die rechtspopulistische Partei scharf angegriffen. „Die AfD bekämpft immer brachialer und skrupelloser, was die Überlebenden von Auschwitz als Zeitzeugen in der deutschen Gesellschaft bewirkt haben“, sagte der Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, am Montag. Diese werteten Jargon und Inhalte der „schäbigen Botschaften“ als persönliche Angriffe. Sie seien ein Versuch, die Überlebenden und ihre Erinnerungen aus der Gesellschaft herauszudrängen.
Gedeon hatte ein Ende der Stolperstein-Aktionen gefordert. „Es gibt angemessenere Arten des Gedenkens im Rahmen von Gedenkstätten, von denen wir hier genügend haben“, schrieb der 70-Jährige an den Oberbürgermeister und den Gemeinderat der Stadt Singen. „Mit ihren Aktionen versuchen die Stolperstein-Initiatoren ihren Mitmenschen eine bestimmte Erinnerungs-Kultur aufzuzwingen und ihnen vorzuschreiben, wie sie wann wessen zu gedenken hätten. Wer gibt diesen oft sehr penetranten Moralisten das Recht dazu?“, hieß es dort weiter.
Gedeon hatte den Appell auch auf seiner Internetseite veröffentlicht. Die Stadt plant, drei solche Gedenksteine für den KPD-Chef Ernst Thälmann und seine Familie zu verlegen.
Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kritisierte Gedeons Forderung scharf. „Umso lauter ihr Ende gefordert wird, desto mehr Stolpersteine brauchen wir“, erklärte Maas. „Wir tun alles, um es zu schützen“, so Maas. „Jeder Form von Antisemitismus müssen wir uns entschlossen entgegenstellen.“
Maas erklärte, die Stolpersteine lehrten „uns, die Opfer des Nationalsozialismus niemals zu vergessen“. Es sei ein unverdientes Geschenk, dass es in Deutschland wieder jüdisches Leben gebe.
Stolpersteine werden seit vielen Jahren deutschlandweit verlegt. Sie erinnern an die Opfer der NS-Herrschaft – in der Regel jeweils vor dem letzten Wohnsitz der Betroffenen. Europaweit gibt es inzwischen 60.000 Stolpersteine.
Der Arzt Gedeon gilt auch parteiintern einigen als Antisemit. Ein Landesschiedsgericht der AfD hatte ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn im Dezember aus Mangel an Beweisen eingestellt. Der Abgeordnete bleibt im Landtag aber aus der Fraktion ausgeschlossen; er sitzt dort als Einzelabgeordneter.
Gedeon war erst am Dienstag vor dem Landgericht Berlin mit einer Unterlassungsklage gegen den Zentralratspräsidenten Josef Schuster gescheitert. Schuster darf nach dem Urteil – geschützt durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung – Gedeon einen „Holocaust-Leugner“ nennen. Aus Sicht Schusters versucht der AfD-Politiker, den Völkermord der Nazis an den Juden zu bagatellisieren und zu relativieren.