Er ist aus Russland geflohen: Vizepräsident der Gazprombank kämpft jetzt für die Ukraine

„Ich konnte es nicht ertragen, länger in Russland zu bleiben“

Das russische Nachrichtenportal „The Insider“ hat mit dem Vizepräsidenten der Gazprombank, Igor Wolobujew, gesprochen, nachdem er in die Ukraine geflohen ist

Das russische Nachrichtenportal „The Insider“ hat mit dem Vizepräsidenten der Gazprombank, Igor Wolobujew, gesprochen, nachdem er in die Ukraine geflohen ist

Foto: Cc01_tgr_P3/Instagram
Von: Jeanne Plaumann

Mitten im blutigen Krieg gegen die Ukraine fliehen jetzt die Mächtigen aus Putins Russland.

Igor Wolobujew, der Vizepräsident der staatlichen russischen Gazprombank, hat sich abgesetzt. Und zwar ausgerechnet in Richtung der erklärten Feinde von Kreml-Diktator Wladimir Putin (69): in die Ukraine!

Wolobujew kämpft nach eigenen Angaben jetzt in der Territorialverteidigung des Landes gegen die russischen Truppen.

► In einem Gespräch mit dem Schriftsteller Sergej Loiko für das russische Portal „The Insider* erzählt er, dass er in Ochtyrka in der ukrainischen Region Sumy geboren sei. Deshalb habe er beschlossen, in die Ukraine zurückzukehren, um sein Heimatland zu verteidigen.

„Ich konnte es nicht ertragen, länger in Russland zu bleiben. Ich bin ein ethnischer Ukrainer und ich konnte nicht tatenlos zusehen, wie Russland mein Mutterland verwüstet. Meine Rückkehr ist ein Akt der Buße. Ich möchte mich von meiner russischen Vergangenheit reinwaschen. Ich werde bis zum Sieg in der Ukraine bleiben“, kündigt Wolobujew an.

Zudem hätte er bereits 2004 in die Ukraine zurückkehren wollen. Dies sei aber aufgrund seiner familiären Situation nicht möglich gewesen.

Die russische Aggression gegen die Ukraine bezeichnete er als Kriegsverbrechen.

► „Dieses Verbrechen wird von Putin, der russischen Regierung und in der Tat auch vom russischen Volk begangen. Denn es ist nicht Putin, der hier Ukrainer tötet, Häuser plündert oder Frauen vergewaltigt. Es ist das russische Volk“, so Wolobujew deutlich. „Und obwohl ich ein ethnischer Ukrainer bin, bin ich auch dafür verantwortlich.“

Er schäme sich und werde den Rest seines Lebens damit verbringen, „Buße zu tun“. Denn, so sagt er: „Mein Anteil an der Verantwortung ist doppelt so groß: Ich bin nicht nur ein russischer Staatsbürger. Ich wurde (in der Ukraine) geboren und habe 18 Jahre lang hier gelebt, also ist meine Verantwortung doppelt oder dreifach so groß“, sagt Wolobujew.

Im Gespräch mit „The Insider“ äußert sich Wolobujew auch zum Tod des ehemaligen Vizepräsidenten der Gazprombank, Vladislav Avayev (†51), und seiner Familie.

Unter Berufung auf den Bericht des Untersuchungsausschusses hatten russische Medien berichtet, der Topmanager habe seine Frau und seine Tochter getötet und Selbstmord begangen. Laut Wolobujew war sein Tod ein Mord, der wie ein Selbstmord aussehen sollte.

*„The Insider“ ist eine russische Rechercheplattform, die im Juli 2021 zur unerwünschten Organisation in Russland erklärt wurde. Im Sommer 2021 hat sich Chefredakteur und Gründer Roman Dobrochotow entschieden, die Redaktion aufgrund des zunehmenden Drucks durch die russische Regierung ins Ausland zu verlegen. „The Insider“ arbeitet regelmäßig mit dem Investigativ-Rechercheteam von „Bellingcat“ zusammen.

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