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Gewalt in Haiti Mob tötet mehr als zehn mutmaßliche Bandenmitglieder in Port-au-Prince

Haiti leidet unter der Gewalt von kriminellen Banden. Nun hat eine Menschenmenge in der Hauptstadt Port-au-Prince mutmaßliche Gangmitglieder gelyncht. Laut Uno gleicht die Sicherheitslage der in einem Kriegsland.
Polizisten in Port-au-Prince

Polizisten in Port-au-Prince

Foto: Ralph Tedy Erol / REUTERS

Mehr als ein Dutzend mutmaßliche Bandenmitglieder sind in Haiti getötet worden. Die bewaffneten Männer seien nach einer Polizeikontrolle am Montag in der Hauptstadt Port-au-Prince »leider von Mitgliedern der Bevölkerung gelyncht worden«, teilte die Polizei mit.

Einsatzkräfte hatten demnach am Montag im Stadtteil Canapé Vert einen Minibus mit bewaffneten Männern angehalten und Waffen, Patronen und Mobiltelefone beschlagnahmt. Anschließend hätten Passanten die Männer aus dem Kleinbus angegriffen. Die Polizei machte weder Angaben zur genauen Opferzahl, noch darüber, wieso die Einsatzkräfte die mutmaßlichen Gangmitglieder nicht schützen konnte. Auf Fotos waren auf den Straßen liegende verbrannte Leichen zu sehen. Augenzeugen zufolge wurden einige mutmaßliche Bandenmitglieder gesteinigt.

Die Gewalt hatte vor Sonnenaufgang begonnen, als Bandenmitglieder laut Augenzeugen in mehrere Wohngebiete der Hauptstadt eindrangen, Häuser ausraubten und Bewohner angriffen. AFP-Journalisten berichteten von Familien, die aus den betroffenen Stadtvierteln flohen.

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Haiti leidet seit Jahren unter der Gewalt von Banden, die bisweilen politischen Akteuren nahestehen und nach Uno-Angaben einen Großteil der Hauptstadt kontrollieren. Die Interimsregierung, die seit der Ermordung des Staatspräsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 an der Macht ist, bat vor rund einem halben Jahr um Hilfe durch eine bewaffnete internationale Truppe – die kam bislang nicht.

Die Vereinten Nationen veröffentlichten unterdessen einen Bericht, in dem die Zunahme von Morden und Entführungen in Haiti hervorgehoben wird. Bewaffnete Banden konkurrieren demnach weiterhin darum, »ihre territoriale Kontrolle im Großraum Port-au-Prince auszuweiten«. Die Gewalt breite sich dadurch auch in bisher nicht betroffene Stadtviertel aus, hieß es.

»Mit Ländern in bewaffneten Konflikten vergleichbar«

Angesichts der hohen Todeszahlen und einer zunehmender Zahl von Stadtvierteln in der Kontrolle bewaffneter Banden »hat die Unsicherheit in der Hauptstadt ein Niveau erreicht, das mit Ländern in bewaffneten Konflikten vergleichbar ist«, warnt der Bericht.

Laut Uno wurden im Stadtteil Cité Soleil allein zwischen dem 14. und 19. April bei Kämpfen zwischen Banden fast 70 Menschen getötet. Die Gewalt schränkt demnach auch die Bewegungsfreiheit der Menschen und den Warenverkehr ein. Viele Schulen und Gesundheitseinrichtungen wurden geschlossen.

Die Zahl der Mordfälle in Haiti ist den Angaben zufolge in den vergangenen Monaten um 21 Prozent auf 815 im ersten Quartal des Jahres gestiegen. Die Zahl der Entführungen stieg im gleichen Zeitraum um 63 Prozent auf 637. Uno-Generalsekretär António Guterres bekräftigte die »dringende Notwendigkeit der Entsendung einer internationalen Spezialeinheit« nach Haiti.

Der Bericht verweist auch auf die Situation von Bewohnern des Elendsviertels Cité Soleil im Hafengebiet. Dort haben zuletzt Scharfschützen von Dächern aus Passanten auf der Straße erschossen. »Die Bewohner fühlen sich belagert. Sie können ihre Häuser aus Angst vor bewaffneter Gewalt und dem von den Banden ausgeübten Terror nicht mehr verlassen«, erklärte das Büro der Uno-Nothilfekoordination für Haiti.

Haiti ist das ärmste Land des amerikanischen Kontinents. Der Karibikstaat erlebt eine Hungerkrise, die nach Angaben des Uno-Welternährungsprogramms vom März einen kritischen Punkt erreicht hat. Hinzu kommt ein Cholera-Ausbruch, bei dem nach den jüngsten Zahlen des haitianischen Gesundheitsministeriums seit Oktober mindestens 670 Menschen ums Leben gekommen sind.

wit/dpa/AFP

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