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Vorwurf der Ukraine Russland soll Kühlbecken an Atomkraftwerk Saporischschja vermint haben

Das größte AKW Europas ist von den Russen besetzt – und laut ukrainischer Regierung haben diese im Kühlbecken des Kraftwerks Minen versteckt. Das Risiko wäre erheblich.
Kraftwerk Saporischschja (am 9. Juni)

Kraftwerk Saporischschja (am 9. Juni)

Foto: Kateryna Klochko / dpa

Das Kühlbecken für die Reaktoren des Kernkraftwerks Saporischschja ist nach Angaben des ukrainischen Militärnachrichtendienstes (GUR) von Russland vermint worden. Der Sechs-Reaktoren-Komplex, Europas größtes Kernkraftwerk, ist seit kurz nach dem Einmarsch Russlands im Februar vergangenen Jahres besetzt.

»Das Erschreckendste ist, dass das Kernkraftwerk Saporischschja in dieser Zeit zusätzlich vermint wurde – und zwar das Kühlbecken«, sagt GUR-Chef Kyrylo Budanow, ohne Beweise vorzulegen. Das russische Verteidigungsministerium reagiert nicht sofort auf eine Anfrage zur Stellungnahme.

Im vergangenen Jahr sorgten die Kampfhandlungen in Saporischschja immer wieder für gefährliche Stromausfälle. Deshalb sind alle sechs Reaktorblöcke inzwischen seit mehreren Monaten abgeschaltet. Für die jetzige Situation sei das ein großes Glück, weil damit geringere Mengen Kühlwasser vonnöten sind.

Nach der Explosion am Kachowka-Staudamm war diese Frage in den Mittelpunkt gerückt. Immerhin wird das 150 Kilometer entfernte Saporischschja aus dem Stausee mit Kühlwasser versorgt – und nach der Detonation sank der Pegel im Kühlwasserreservoir. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) besteht derzeit »kein unmittelbares Risiko für die Sicherheit der Anlage«.

Betrieb von Kraftwerk an der Frontlinie kaum möglich

»Trotzdem muss man sagen, dass das eine bedrohliche Situation ist, die da durch den russischen Angriffskrieg entstanden ist«, sagte Nikolaus Müllner , Leiter des Instituts für Sicherheits- und Risikowissenschaften an der Universität für Bodenkultur Wien. Es sei zwar aktuell kein schwerer Atomunfall zu erwarten. »Aber Kernkraftwerke sind nicht für den Kriegsfall ausgelegt. Niemand hat sich systematisch überlegt: Wie kann ich eine Anlage sicher an einer Frontlinie betreiben?«

DER SPIEGEL

Moskau und Kiew weisen sich gegenseitig die Schuld an der Explosion am Staudamm zu. Laut Kiews Geheimdienst hatten die Russen an Schleusen und Pfeilern explosives Material angebracht und zwei mit Sprengstoff gefüllte Militärlaster auf dem Damm platziert. Beweise dafür gab es allerdings nicht. Geheimdienste prüfen die Indizien. Laut den Briten etwa ist es noch zu früh für ein endgültiges Urteil über die Ursachen des Dammbruchs.

jok/Reuters