Zum Inhalt springen

Dämonisierende Wortwahl, zunehmende Radikalisierung Verfassungsschutz stuft AfD in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem ein

Der Verfassungsschutz hat die AfD in Sachsen-Anhalt als erwiesen rechtsextremistisch bewertet. Es ist bereits der zweite Landesverband, in dem die Partei nun komplett überwacht wird.

Martin Reichardt, Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, bei einer Rede: Landes-Verfassungsschutz sieht gesichert rechtsextremistische Partei

Martin Reichardt, Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, bei einer Rede: Landes-Verfassungsschutz sieht gesichert rechtsextremistische Partei

Foto: Sascha Fromm / Thueringer Allgemeine / IMAGO

Erst Thüringen, nun Sachsen-Anhalt: Ein zweiter Landesverband der AfD ist vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft worden. Das teilte der Leiter des sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzes, Jochen Hollmann, in Magdeburg mit.

Der Landesverband war bereits seit 2021 ein Verdachtsfall für die Verfassungsschützer. Seitdem habe die Behörde weitere umfangreiche Informationen gesammelt, die nicht mit Menschenwürde, Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip vereinbar sind, so Hollmann. Nach deren Auswertung könne und müsse der Landesverband als gesichert extremistisch eingestuft werden.

Dieser Schritt gibt den Verfassungsschützern nun einen breiteren Ermessensspielraum bei der Wahl der nachrichtendienstlichen Mittel. »Der Landesverband vertritt nicht nur weiterhin verfassungsfeindliche Positionen, die zur Einstufung als Verdachtsfall geführt hatten, sondern hat sich vielmehr seit der Coronapandemie derart radikalisiert, dass eine systematische Beobachtung unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gerechtfertigt ist«, so Hollmann.

Der Verfassungsschutz fand beim AfD-Landesverband Äußerungen, die mit der Menschenwürde unvereinbar sind. Es werde deutlich, dass die AfD Sachsen-Anhalt die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion fordere. Führende Vertreter bedienten sich einer dämonisierenden Wortwahl, indem sie Migranten beispielsweise als »Invasoren«, »Eindringlinge« oder »kulturfremde Versorgungsmigranten« diffamierten.

Zudem strebt die AfD Sachsen-Anhalt nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie in ihrer derzeitigen Form an. Vertreter seien bestrebt, das demokratische Prinzip der Bundesrepublik Deutschland sowie seine Institutionen und deren Vertreter verächtlich zu machen, um das Vertrauen der Bevölkerung in diese fundamental zu erodieren. In Sachsen-Anhalt sitzt die AfD als stärkste Oppositionspartei im Landtag. Das Bundesland wird von einer Koalition aus CDU, SPD und FDP regiert.

In Thüringen hatte der Landesverfassungsschutz die AfD mit ihrem umstrittenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke schon im März 2021 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Verhandlung zur Einstufung der Bundes-AfD im Februar

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als Ganzes eine Stufe darunter eingestuft, nämlich als rechtsextremistischen Verdachtsfall. Das Oberverwaltungsgericht Münster beschäftigt sich im Februar 2024 damit.

Der Bundesverband der AfD hatte gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz geklagt und wehrt sich gegen ein Urteil aus erster Instanz. Das Verfahren ist in NRW anhängig, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz seinen Hauptsitz in Köln hat.

Verhandelt wird in gleich drei Fällen. Im wohl wichtigsten will die AfD, vertreten durch ihren Bundesvorstand, dem Verfassungsschutz die Einstufung als Verdachtsfall untersagen lassen. Eine solche Einstufung ermöglicht dem Verfassungsschutz unter bestimmten Voraussetzungen die Überwachung von Kommunikation und den Einsatz anderer nachrichtendienstlicher Mittel.

Die beiden weiteren Verfahren betreffen die Einstufung der Jugendorganisation Junge Alternative und des völkisch-nationalistischen »Flügels«, der sich inzwischen formal auflöste, als Verdachtsfall. Beim »Flügel« geht es auch um die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung.

Eilantrag der AfD in Baden-Württemberg abgewiesen

Derweil hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen Beobachtung durch den Verfassungsschutz der Südwest-AfD abgelehnt. Es bestünden tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen, dabei gehe es etwa um Verhaltensweisen, die darauf abzielten, die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Ausprägung der Menschenwürde im Sinne des Grundgesetzes außer Geltung zu setzen, erläuterte ein Gerichtssprecher. Das Landesamt für Verfassungsschutz hatte den Landesverband der Alternative für Deutschland (AfD) im Juli 2022 als Verdachtsfall zum Beobachtungsobjekt erhoben, die Partei hatte dagegen Klage eingereicht.

mrc/dpa