Zum Inhalt springen

Urteil in Schleswig-Holstein Verweigerung des Kopftuchs nicht zwingend Asylgrund – Iranerin scheitert vor Gericht

Zwei Iranerinnen forderten Asyl, weil sie wegen ihrer Weigerung, ein Kopftuch zu tragen, in Iran verfolgt würden. Ein deutsches Gericht folgte dem nur teilweise. Entscheidend sei ein »Bekenntnis« zu westlichen Werten.
Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht in Schleswig

Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht in Schleswig

Foto: Markus Scholz / picture alliance / dpa

Mögliche Repressionen, die Frauen in Iran für die Missachtung des Kopftuchzwanges befürchten müssen, sind laut Gerichtsurteilen noch kein ausreichender Grund für Asyl in Deutschland. Anspruch auf Schutz bestehe nur, wenn sich »westliche« Werte und Lebensstil zu einem »identitätsprägenden Bekenntnis« verfestigt hätten, entschied das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig in zwei am Montag bekannt gegebenen Urteilen.

Die zwei klagenden Frauen hatten beide erklärt, sie wollten kein Kopftuch tragen und hätten sich an den hiesigen »westlichen Lebensstil« gewöhnt. Das OVG entschied, dies führe noch nicht mit »beachtlicher Wahrscheinlichkeit« zu einer Verfolgung. Gleiches gelte für eine illegale Ausreise aus Iran, einen Asylantrag und einen längeren Aufenthalt im westlichen Ausland sowie eine »reine Formalkonversion zum Christentum« oder die bloße Teilnahme an Demonstrationen in Deutschland. Daher wies das OVG die zweite Klägerin ab.

Die Erste hatte dagegen Erfolg. Hier zeigte sich das Gericht überzeugt, dass bei ihr »ein identitätsprägendes Bekenntnis zu ›westlichen‹ Werten besteht«. Ihr sei es daher nicht zumutbar, sich den »diesen Werten widersprechenden Vorschriften des iranischen Staats zu unterwerfen«. Zudem habe sie sich in Iran aktiv für die Frauenrechte eingesetzt und sich auch in Deutschland »hervorgehoben exilpolitisch betätigt«. Ein diesbezügliches Foto sei »im Internet leicht auffindbar«.

In einem weiteren Urteil entschied das schleswig-holsteinische OVG, dass Angehörige der Ahwazi in Iran keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt sind. Menschenrechtsaktivisten dieser Gruppe können aber Anspruch auf Asyl haben. Die Ahwazi sind eine arabische Bevölkerungsgruppe mit etwa vier Millionen Angehörigen in Iran. Ein Angehöriger der Ahwazi hatte dies für seinen Asylantrag geltend gemacht.

Hierzu urteilte das OVG, dass diese Menschen sich nicht auf eine sogenannte Gruppenverfolgung stützen könnten. Zwar gebe es »zahlreiche faktische Diskriminierungen und Einschränkungen«, diese würden aber »eine verfolgungsrelevante Schwelle nicht überschreiten«. Der Kläger habe sich aber aktiv und mit Namensnennung im Internet für die Menschenrechte der Ahwazi eingesetzt. Da Iran dies als regimekritisch bewerten könne, sprach das OVG ihm Flüchtlingsschutz zu.

Aktenzeichen: 2 LB 8/22; 2 LB 9/22 und 2 LB 7/22

fek/AFP