Zum Inhalt springen

Historische Aufnahmen ausgewertet Schon 1,6 Prozent von Grönlands Eisfläche sind geschmolzen

Satellitenbilder aus Grönland zeigen: Von den 1980ern bis in die 2010er-Jahre tauten dort Eis und Gletscher, die ungefähr die Größe Albaniens umfassen. Ein gefährlicher Kreislauf ist in Gang gesetzt.
Blick vom Sydgletscher auf den Bowdoin-Fjord im Nordwesten Grönlands

Blick vom Sydgletscher auf den Bowdoin-Fjord im Nordwesten Grönlands

Foto: Mark Smith / AAAS

Einst sah man hier nur Eis und Schnee, jetzt sind stattdessen Sträucher, Felsen und Feuchtgebiete zu sehen: Knapp 29.000 Quadratkilometer von Grönlands Eisschild und Gletschern sind von den Achtzigerjahren bis in die Zehnerjahre geschmolzen. Das ergeben historische Satellitendaten, die Forschende der Universität Leeds ausgewertet haben  und die am Dienstag im Fachjournal »Scientific Reports« veröffentlicht wurden.

Zeitvergleich Achtziger- bis Zehnerjahre: Die Vegetationsbedeckung in Grönland nimmt zu, insbesondere im Südwesten und Nordosten.

Zeitvergleich Achtziger- bis Zehnerjahre: Die Vegetationsbedeckung in Grönland nimmt zu, insbesondere im Südwesten und Nordosten.

Foto: Michael_PhD / AAAS

Die geschmolzene Fläche mache zusammengerechnet rund 1,6 Prozent der gesamten Eis- und Gletscherfläche Grönlands aus und entspreche in etwa der Größe Albaniens, heißt es in der Pressemitteilung der Universität Leeds. Insgesamt ist Grönland rund 2,1 Millionen Quadratkilometer groß und damit die größte Insel der Welt. Die Erderhitzung schreitet hier besonders schnell voran: Die durchschnittlichen jährlichen Lufttemperaturen zwischen 2007 und 2012 hätten um 3 Grad höher gelegen als zwischen 1979 und 2000, schreiben die Forscher.

Grund dafür ist das Phänomen der »arktischen Verstärkung«. Eis und Schnee reflektieren aufgrund der hellen Oberfläche das Sonnenlicht – wenn sie allerdings schmelzen, absorbiert das nun entstandene dunkle Meerwasser mehr Wärme, als Eis und Schnee es getan hätten. Dadurch taut noch mehr Eis ab oder gefriert im Herbst erst später. Die dunklere Oberfläche vergrößert sich weiter.

Russell-Gletscher und Gebiet in dessen Vorfeld in der Nähe von Kangerlussuaq, Westgrönland

Russell-Gletscher und Gebiet in dessen Vorfeld in der Nähe von Kangerlussuaq, Westgrönland

Foto: Jonathan Carrivick / AAAS

Grönland wird grüner

Laut den Autoren der Studie hat die Fläche, auf der Vegetation wuchs, sich im Lauf der drei untersuchten Jahrzehnte um mehr als 87.000 Quadratkilometer vergrößert und ist damit mehr als doppelt so groß geworden. Die Zahl der grönländischen Feuchtgebiete habe sich nahezu vervierfacht, insbesondere im Osten und Nordosten. Die Ausdehnung der Vegetation deute darauf hin, dass der Permafrost auftaut, schreiben die Forschenden in der Studie. In der Folge entwichen Treibhausgase in die Atmosphäre, die zuvor in diesen arktischen Böden gespeichert waren.

Vorgebiet des Fan-Gletschers in Qaanaaq, Nordwestgrönland

Vorgebiet des Fan-Gletschers in Qaanaaq, Nordwestgrönland

Foto: Mark Smith / AAAS

Laut Michael Grimes, Hauptautor der Studie, hat die Ausbreitung der Vegetation wiederum Auswirkungen auf den Fluss von Sedimenten und Nährstoffen in den Küstengewässern. »Diese Veränderungen sind kritisch, insbesondere für die indigene Bevölkerung, deren traditionelle Jagdpraktiken von der Stabilität dieser empfindlichen Ökosysteme abhängen«, sagt Grimes. »Darüber hinaus trägt der Verlust an Eismasse in Grönland wesentlich zum weltweiten Anstieg des Meeresspiegels bei.« Allein innerhalb der vergangenen 20 Jahre ist der Meeresspiegel wegen tauenden Eises in Grönland weltweit durchschnittlich um 1,2 Zentimeter angestiegen.

fzs

Mehr lesen über