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Mitten im Krieg Wahl für Putins Machterhalt beginnt – Justiz droht Demonstranten mit Haftstrafen

Die Präsidentenwahl in Russland gilt weder als frei noch fair, echte Gegenkandidaten sind nicht zugelassen. Die Moskauer Staatsanwaltschaft warnt Putin-Gegner vor »rechtswidrigen Handlungen«.
Machthaber Putin in Moskau: Will weitere sechs Jahre im Amt

Machthaber Putin in Moskau: Will weitere sechs Jahre im Amt

Foto: Sergei Savostyanov / dpa

Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland die umstrittene Präsidentenwahl  für den Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin begonnen. Der Urnengang, der dem 71 Jahre alten Putin weitere sechs Jahre im Amt sichern soll, wird vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie von massiven Manipulationsvorwürfen überschattet. Die Moskauer Staatsanwaltschaft drohte  Menschen, die an »unkoordinierten öffentlichen Massenveranstaltungen« teilnehmen, mit bis zu fünf Jahren Gefängnis.

Im flächenmäßig größten Land der Erde öffneten die Wahllokale am Freitag (Ortszeit) zuerst im äußersten Osten etwa auf der Halbinsel Kamtschatka. Die Abstimmung in dem Riesenreich mit seinen elf Zeitzonen dauert bis Sonntagabend, wenn in Kaliningrad an der Ostsee um 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit die letzten Wahllokale schließen. Unmittelbar danach werden erste Prognosen erwartet.

DER SPIEGEL

»Wahlfarce«

Staatliche russische Meinungsforscher haben Putin, der seit fast einem Vierteljahrhundert an der Macht ist und eine fünfte Amtszeit anstrebt, bereits mehr als 80 Prozent der Stimmen prognostiziert. Das wäre das höchste Ergebnis für ihn überhaupt. Putins drei Mitbewerber gelten nicht nur als chancenlos. Sie sind auch alle auf Kremllinie und unterstützen den Amtsinhaber bisweilen direkt. Bewerber, die sich gegen Putins Angriffskrieg aussprachen, wurden gar nicht erst als Kandidaten zugelassen.

Die Opposition spricht von einer »Wahlfarce«, die nichts mit einer Abstimmung nach demokratischen Regeln gemein habe. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sind diesmal nicht eingeladen.

Der Kreml hat an den drei Tagen auch illegale Scheinabstimmungen in besetzten Gebieten der Ukraine angesetzt. Die Ukraine protestierte gegen  die unter Bruch des Völkerrechts abgehaltenen Abstimmungen und forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Ergebnisse nicht anzuerkennen. In den besetzten Teilen der ukrainischen Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson sind nach russischen Angaben 4,5 Millionen Menschen zum Urnengang aufgerufen. Abgestimmt wird auch auf der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim, die Moskau bereits 2014 annektiert hatte.

Drohungen gegen Protestaktion

Unterdessen sprach die Moskauer Staatsanwaltschaft eine Warnung an Menschen aus, die am 17. März um zwölf Uhr in der Stadt zur Abstimmung gehen wollen. Die Protestaktion hatte der mittlerweile verstorbene langjährige russische Oppositionsführer Alexej Nawalny in einer seiner letzten Botschaften aus dem Gefängnis befürwortet – zuletzt rief seine Witwe Julija Nawalnaja erneut dazu auf. »Wir müssen den Wahltag nutzen, um zu zeigen, dass wir hier sind und dass wir viele sind«, sagte sie in einem Video. Sie sprach sich für die Protestaktion gegen Kremlchef Putin aus, die auf eine Überlastung der Wahllokale abzielt.

Organisatoren sprechen von einem »Mittag gegen Putin«. Unterstützer hofften, damit eine legale und ungefährliche Möglichkeit des Protests gegen den Kreml gefunden zu haben. Demonstrationen gegen die Regierung sind in Russland faktisch illegal, Organisatoren und Teilnehmer können für mehrere Jahre ins Gefängnis kommen.

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Die Moskauer Staatsanwaltschaft teilte dazu nun auf der Plattform Telegram mit, dass eine Teilnahme an den »besagten öffentlichen Massenveranstaltungen« strafbar sei. Nach ihrer Ansicht können »die rechtswidrigen Handlungen die freie Ausübung des Wahlrechts durch die Bürger und die Arbeit der Wahlkommissionen behindern«, wofür nach Artikel 141 des Strafgesetzbuchs als Höchstmaß Strafkolonie von bis zu fünf Jahren vorgesehen ist. Zuvor berichtete auch die »Moscow Times« .

Laut Wahlkommission sind rund 114 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Putin hatte 2020 eigens die Verfassung ändern lassen, um wieder als Kandidat antreten zu können.

aeh/dpa