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Gegen Melanom Moderna-Studie weckt Hoffnungen auf den weltweit ersten mRNA-Krebsimpfstoff

Gibt es bald ein Medikament gegen eine besonders schwere Form von Hautkrebs? Studiendaten des Pharmakonzerns Moderna legen nahe, dass der neuartige mRNA-Impfstoff des Herstellers dauerhaft wirkt.
Krebszellen: Das US-Pharmaunternehmen Moderna will möglichst schon 2025 einen Impfstoff auf den Markt bringen

Krebszellen: Das US-Pharmaunternehmen Moderna will möglichst schon 2025 einen Impfstoff auf den Markt bringen

Foto: NIH / Image Point Fr / BSIP / picture alliance

Die Einführung des weltweit ersten mRNA-Impfstoffs gegen Krebs rückt näher. An diesem Montagnachmittag präsentiert der US-Pharmakonzern Moderna auf dem weltgrößten Krebskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vielversprechende Studienergebnisse für seine Vakzine mRNA-4157 (V940). Dieses soll in Kombination mit einem immuntherapeutischen Wirkstoff gegen eine bösartige Form von Hautkrebs eingesetzt werden: das Hochrisiko-Melanom.

mRNA steht für messenger ribonucleic acid oder Boten-RNA. mRNA-Impfstoffe sollen das Immunsystem in die Lage befähigen, Krebszellen im Körper zu erkennen und sie zu vernichten.

Laut Moderna zeigt die Nachbeobachtung der klinischen Phase-2b-Studie an mehr als 150 Patientinnen und Patienten, dass mRNA-4157 langfristig wirken soll. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von fast drei Jahren habe die Einnahme des Mittels zusammen mit dem Antikörper Keytruda des US-Konzerns Merck & Co. um 49 Prozent das Risiko verringert, dass der so behandelte Hautkrebs zurückkehrt oder Patientinnen und Patienten an ihm sterben. Das Risiko von Fernmetastasen sei um 62 Prozent gesunken.

»Die Ergebnisse zeigen, wie lange haltbar die Immunantwort ist«, sagte Moderna-Präsident Stephen Hoge dem SPIEGEL. Auch mehrere Jahre nach Verabreichung des Medikaments komme es kaum zu Rückfällen. Dann sei es »angemessen, davon auszugehen, dass diese Menschen tatsächlich nie einen Rückfall erleiden könnten.«

Der Anteil der Probandinnen und Probanden, die nach zweieinhalb Jahren weder einen Rückfall erlitten noch am Krebs gestorben waren, lag laut Studie mit einer Kombination des Impfstoffs und Keytruda bei fast 75 Prozent – gegenüber knapp 56 Prozent bei Keytruda allein. Moderna und Merck haben bereits die entsprechende Zulassungsstudie für den Impfstoff beim Hautkrebs gestartet.

Schon 2025 könnte der Impfstoff auf den Markt kommen

Nun wird es wahrscheinlicher, dass mRNA-4157 bald auf den Markt kommt. Moderna visiert eine beschleunigte Zulassung für 2025 an: allen voran in Kernmärkten wie den USA oder der EU. Ein konventionelles Genehmigungsverfahren könnte ungefähr drei Jahre länger dauern.

Angesichts der vielversprechenden Daten steigen die Chancen, dass sich die zuständigen Arzneimittelbehörden wie die amerikanische FDA oder die europäische EMA darauf einlassen. Schließlich, so Hoge, könne man nun einen dauerhaften Nutzen des Mittels für Melanom-Patientinnen und -Patienten nachweisen. Umso wichtiger wäre für diese Menschen eine baldige Zulassung.

Damit würde Moderna wohl das Rennen gegen den deutschen Konkurrenten Biontech um den weltweit ersten mRNA-Impfstoff gegen Krebs gewinnen. Die Mainzer, die auch an etlichen Krebsmedikamenten arbeiten, werden vermutlich 2026 ihren ersten solchen Wirkstoff auf den Markt bringen.

Biontech und Moderna zählen zu den Weltmarktführern der mRNA-Technologie – die in der Coronapandemie ihren Durchbruch hatte. Beide Unternehmen, Biontech in Partnerschaft mit Pfizer, Moderna allein, verkauften Milliarden Dosen ihrer mRNA-Impfstoffe.

mRNA-Impfungen gegen Krebs sind therapeutische Impfungen: Sie sollen das Immunsystem in die Lage versetzten, Krebszellen im Körper zu erkennen und sie zu vernichten.

Dabei werden einem Patienten im ersten Schritt Krebszellen und gesunde Zellen entnommen, deren Erbmaterial untersucht wird. Durch den Vergleich können Fachleute erkennen, welche Proteine nur in den Krebszellen vorkommen. Anschließend stellen die Experten mRNA-Moleküle her, die jeweils als Bauanleitung für einige dieser Tumorproteine dienen. Diese mRNA-Moleküle sind der eigentliche Impfstoff. Sie werden dem Patienten gespritzt und dringen in dessen Körperzellen ein, die daraufhin die Anleitung ablesen und die Tumorproteine in großer Zahl herstellen.

Diese Menge an Tumorproteinen soll dazu führen, dass die körpereigenen Abwehrzellen die Krebszellen als fremd erkennen und angreifen.

mRNA-Impfstoffe könnten Millionen von Krebspatienten neue Hoffnung im Kampf gegen ihre Krankheit geben. Allein an Hautkrebs erkrankten 2021 Schätzungen zufolge in Deutschland rund 308.000 Menschen; etwa 4100 starben.