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Rechtsausleger unter sich Orbán schwärmt von Trump als »Mann des Friedens«

Für diplomatisches Feingefühl ist Donald Trump nicht gerade bekannt. Dennoch sieht Viktor Orbán den Vielleicht-bald-wieder-US-Präsidenten als Schlüssel zum Frieden in der Ukraine – und borgt sich dessen Schlachtruf.
Donald Trump (l.) und Viktor Orbán (2019 in Washington)

Donald Trump (l.) und Viktor Orbán (2019 in Washington)

Foto: Manuel Balce Ceneta / dpa

Ungarn steht kurz davor, turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft zu übernehmen. Vor dem Beginn der Amtszeit hat sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán für Verhandlungen im Ukrainekrieg ausgesprochen. Er hoffe dabei vor allem auf den möglicherweise neuen US-Präsidenten Donald Trump, von dem er zu »101 Prozent« überzeugt sei, sagte Orbán den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag.

»Der US-Präsident ist der einzige Mensch des Universums, der die entscheidenden beiden Anrufe in Kiew und Moskau machen könnte«, fügte Orbán hinzu. Trump will sich am 5. November zum zweiten Mal in das Weiße Haus wählen lassen. Der demokratische Amtsinhaber Joe Biden seinerseits strebt weitere vier Jahre im Oval Office an.

Es sei klar, dass der Angriff Russlands auf die Ukraine »völlig inakzeptabel« sei und die Grundsätze der internationalen Beziehungen verletzt habe. »Aber mir geht es nicht um die Interessen der Ukraine oder Russlands, ich will vor allem, dass der Krieg beendet wird und es einen Waffenstillstand gibt«, sagte der ungarische Regierungschef. »Am Ende geht es ja um eine neue europäische Sicherheitsarchitektur, in der wir friedlich leben können.«

Ob die Ukraine dafür wie von Russland gefordert auf besetzte Gebiete verzichten solle, ließ er offen. »Wir wissen gar nicht genau, was die russische Reaktion wäre, wenn die Führung der USA sagen würde: Hört zu, wir stoppen morgen früh das Töten und verhandeln«, sagte Orbán.

Er sei sich zudem sicher, dass »wir jetzt keinen Krieg hätten, wenn Angela Merkel noch Kanzlerin wäre«. »Sie hätte das getan, was sie schon nach der russischen Besetzung der Krim getan hat: Den Konflikt isolieren, nicht internationalisieren.«

Der Ungar borgt sich Trumps Wahlslogan

Ex-US-Präsident Donald Trump bezeichnete Orbán als »Mann des Friedens«. »Er hat keinen einzigen Krieg begonnen«, sagte der Ungar. Europa brauche Politiker vom Typ Trump, »Personen, die das System aufschütteln«, fügte Orbán hinzu.

Der ungarische Ministerpräsident, der seit 2010 im Amt ist, wählte für die EU-Ratspräsidentschaft seines Landes das Motto »Make Europe great again«, in Anlehnung an das Wahlkampfmotto Trumps. Ungarn werde sich während der Ratspräsidentschaft neben der Beendigung des Ukrainekriegs dafür einsetzen, die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, das Migrationsproblem zu lösen und die EU-Erweiterung Richtung Westbalkan voranzutreiben, sagte Orbán.

Ungarn übernimmt am 1. Juli turnusgemäß für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft. Orbán gilt als engster Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin innerhalb der EU. Der Rechtspopulist steht auf europäischer Ebene zunehmend isoliert da, immer wieder liefert er sich offenen Streit mit Brüssel und einzelnen EU-Ländern. Zuletzt blockierte Ungarn auf EU-Ebene milliardenschwere Militärhilfen für die Ukraine.

jok/AFP