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Umsturz in Syrien Früherer Leiter von Adra-Folterknast wird in den USA angeklagt

Er war Chef des Zentralgefängnisses von Damaskus und soll persönlich Gegner des nun gestürzten Machthabers Assad gefoltert haben. In den USA wird dem 72-jährigen Samir Ousman A. nun der Prozess gemacht.
Tausende Gegner des Assad-Regimes wurden in den Gefängnissen von Damaskus gefoltert und ermordet (hier ein Bild aus dem Saidnaja-Gefängnis)

Tausende Gegner des Assad-Regimes wurden in den Gefängnissen von Damaskus gefoltert und ermordet (hier ein Bild aus dem Saidnaja-Gefängnis)

Foto: Asaad al-Asaad / UPI Photo / IMAGO

In den USA ist der frühere Leiter eines berüchtigten syrischen Gefängnisses nach Angaben des US-Justizministeriums am Donnerstag wegen Foltervorwürfen angeklagt worden. Der bereits wegen anderer Vorwürfe inhaftierte 72-jährige Samir Usman A. werde beschuldigt, persönlich Gegner der gerade gestürzten Regierung des Machthabers Baschar al-Assad gefoltert zu haben, erklärte das Justizministerium .

Der Angeklagte habe Inhaftierten persönlich körperliche und seelische Schmerzen zugefügt sowie seine Mitarbeiter angewiesen, dies zu tun, erklärte die US-Justiz in grausigem Detail. So seien Häftlinge etwa an der Decke aufgehängt und dann geschlagen worden. Oder ihre Körper wurden mit einem als »Fliegender Teppich« bezeichneten Gerät verbogen, was grässliche Schmerzen bereitete und nicht selten dazu führte, dass den Opfern Wirbel brachen.

Samir Usman A. soll das umgangssprachlich als Adra-Gefängnis bekannte Zentralgefängnis von Damaskus von etwa 2005 bis 2008 geleitet haben. Seit 2020 lebt er in den USA und war im Juli 2024 in Los Angeles wegen weiterer Vorwürfe gegen ihn festgenommen worden.

A. muss sich wegen Folter in drei Anklagepunkten und in einem weiteren Anklagepunkt wegen Verschwörung zur Folter verantworten. Sollte er verurteilt werden, drohen ihm für jeden der Foltervorwürfe bis zu 20 Jahre Haft.

Dem Justizministerium zufolge hatte A. eine Reihe verschiedener Posten im syrischen Polizeiapparat und der Staatssicherheit inne. Er gehörte demnach auch Assads Baath-Partei an und war 2011 von dem Machthaber zum Gouverneur der Provinz Deir Essor ernannt worden.

Befreiung der Gefangenen durch die Islamisten

Die islamistische Gruppierung Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten nach ihrer am 27. November begonnenen Großoffensive am Sonntag die syrische Hauptstadt Damaskus eingenommen  und den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Bashar al-Assad gestürzt. Assad setzte sich ins Ausland ab.

Unmittelbar nach Einnahme der Stadt kursierten in den sozialen Medien Videos aus den Gefängnissen: Die Aufständischen befreiten die Gefangenen des Assad-Regimes. In einem Video wird gezeigt, wie die Kämpfer von Zelle zu Zelle gehen und sagen: »Wir sind Revolutionäre, geht, wohin ihr wollt, ihr seid frei.«

Islamisten wollen Namen von Folterknechten veröffentlichen

Der Anführer der Islamisten hat am Dienstag angekündigt, eine Liste mit an Folter beteiligten Ex-Beamten zu veröffentlichen. Die von den künftigen syrischen Behörden zu veröffentlichende Liste werde »die Namen der ranghöchsten Beamten enthalten, die in die Folterung des syrischen Volkes verwickelt sind«, schrieb Abu Mohammad al-Julani im Onlinedienst Telegram.

»Wir werden Belohnungen für jeden anbieten, der Informationen über hochrangige Armee- und Sicherheitsoffiziere liefert, die in Kriegsverbrechen verwickelt sind«, fuhr al-Julani fort. »Wir werden Kriegsverbrecher verfolgen und verlangen, dass sie von den Ländern, in die sie geflohen sind, überstellt werden, damit sie ihre gerechte Strafe erhalten können.«

DER SPIEGEL

Die Assad-Familie hatte das Land seit mehr als 50 Jahren mit eiserner Hand regiert. Assad hatte die Macht im Land im Jahr 2000 von seinem verstorbenen Vater Hafis al-Assad übernommen und damit auch einen Apparat von Gefängnissen und Haftanstalten, in denen Andersdenkende weggesperrt wurden.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind mehr als 100.000 Menschen in syrischen Gefängnissen gestorben, häufig unter Einwirkung von Folter. Mit Assads gewaltsamer Niederschlagung prodemokratischer Proteste im Jahr 2011 begann ein Bürgerkrieg, dem eine halbe Million Menschen zum Opfer fiel und der Millionen in die Flucht trieb.

oka/AFP