EU-Gipfel Orbán blockiert offenbar Verlängerung von Sanktionen gegen Russland

Ungarns Regierungschef Orbán
Foto: Omar Havana / AP / dpaDer ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat beim EU-Gipfel in Brüssel seine Zustimmung zur Verlängerung der Ende Januar auslaufenden Russland-Sanktionen verweigert. Wie die Nachrichtenagentur dpa von mehreren Teilnehmern des Spitzentreffens in Brüssel erfuhr, sagte Orbán den anderen Staats- und Regierungschefs, er müsse über die Sache noch nachdenken. Eine Entscheidung will er demnach erst nach der Amtseinführung des neugewählten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar treffen.
Der Republikaner Trump hat mehrfach kundgetan, er könne den russischen Krieg gegen die Ukraine in kurzer Zeit beenden. Aus Sicht von Viktor Orbán würde dann die Grundlage für die Sanktionen wegfallen. Er hatte sie wiederholt als nutzlos und schlecht für die europäische Wirtschaft kritisiert.
Wenn Ungarn der Verlängerung der EU-Sanktionen nicht zustimmt, würden sie am 31. Januar auslaufen. Betroffen wären die umfangreichen Wirtschafts- und Finanzsanktionen, aber auch die eher symbolischen Sanktionen gegen mehr als 2000 Personen und Unternehmen. Unter Letzteren sind auch russische Spitzenpolitiker wie Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow sowie zahlreiche Oligarchen wie beispielsweise Roman Abramowitsch.
Zuletzt hatten zwölf europäische Länder angekündigt, gemeinsam gegen Russlands Schattenflotte von Tankern und anderen Frachtschiffen vorzugehen, die russisches Öl, Militärgüter oder aus der Ukraine gestohlenes Getreide transportieren. Die nordischen und baltischen Staaten, Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Polen haben sich darauf verständigt, koordinierte Schritte zu unternehmen, um die Schattenflotte zu »stören und abzuschrecken«.
Zuvor hatte auch die EU mit ihrem 15. Sanktionspaket die russische Schattenflotte im Visier und 52 weiteren Schiffen das Einlaufen in Häfen in der EU verboten.
Eine Auflistung der EU-Sanktionen gegen Russland finden Sie hier auf der Website des Europäischen Rats .
Ein erneuter Erpressungsversuch Orbáns?
Diplomaten betonten unterdessen, dass auch nach dem 20. Januar noch ausreichend Zeit bleiben würde, die Sanktionen rechtzeitig zu verlängern. Möglicherweise wolle Orbán auch in anderen Bereichen Zugeständnisse der EU-Partner erpressen. So sind wegen Rechtsstaatsdefiziten in Ungarn für das Land vorgesehene EU-Gelder in Milliardenhöhe derzeit eingefroren.
Die formelle Entscheidung für die Verlängerung der EU-Sanktionen muss vom Rat der Europäischen Union einstimmig getroffen werden. Bislang gab der EU-Gipfel in der Regel dafür den Auftrag. Die derzeit gültigen Regeln sehen vor, dass die Sanktionen alle sechs Monate verlängert werden müssen.